Wohnimmobilien

Kaufen oder mieten?

Dominik Nussbaumer
««Immobilien bilden oft einen wichtigen Teil des Vermögens. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, dass das eigene Zuhause auch finanziell eine gute Investition ist.» » Dominik Nussbaumer, Geschäftsleitung, Partner

Mit den steigenden Zinsen haben sich nicht nur die Voraussetzungen am Markt für Renditeliegenschaften, sondern auch für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen substantiell verändert. Zwar befinden sich die Hypothekarzinsen langfristig betrachtet nach wie vor im unterdurchschnittlichen Bereich, doch im Vergleich zur Situation vor ein bis zwei Jahren sind die Kosten für die Fremdfinanzierung einer Liegenschaft deutlich angestiegen.

Die Kosten für die Fremdfinanzierung einer Immobilie haben sich verdoppelt

Aktuell kosten Hypotheken mit zehnjähriger Laufzeit um die 3% während diese Mitte 2021 noch für knapp 1% zu haben waren. Auch die Zinsen für Hypotheken mit kürzeren Laufzeiten sind angestiegen. Während bei den beliebten SARON-Hypotheken bis vor Kurzem die Zinskosten noch um 1% lagen, so betragen diese aktuell 2% oder mehr. Die Kosten für die Fremdfinanzierung einer Immobilie haben sich somit je nach Laufzeit in wenigen Monaten verdoppelt bis verdreifacht - wenn auch von einem sehr bescheidenen bzw. rekordtiefen Niveau aus. Wer also aktuell eine neue Hypothek abschliessen oder eine bestehende verlängern möchte, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen als noch im letzten Jahr.

Kaufen oder Mieten?

Vor diesem Hintergrund mag sich so manch einer die Frage stellen, ob es sich auch wirklich lohnt, eine eigene Liegenschaft zu kaufen oder ob es nicht allenfalls besser und vielleicht sogar günstiger ist, ein Haus oder eine Wohnung zu mieten.

Die Beantwortung dieser Frage lässt sich allerdings nicht alleine anhand der Höhe der Zinssätze für Hypotheken beantworten, sondern nur unter Einbezug diverser weiterer Faktoren. In finanzieller Hinsicht spielen neben verschiedenen steuerlichen Aspekten (Steuerwert der Immobilie, Höhe des Eigenmietwertes, Unterhaltskosten bzw. deren Abzugsfähigkeit, etc.) insbesondere die Wertentwicklung der Liegenschaft sowie die Opportunitätskosten in Form entgangener Erträge auf dem eingesetzten und nicht anderweitig angelegten Eigenkapital eine entscheidende Rolle. Zwar kommen die meisten akademischen Studien zum Schluss, dass ein Eigenheim teurer ist als ein Mietobjekt, doch kann dies im konkreten Einzelfall durchaus auch gerade umgekehrt sein. Es lässt sich also keine abschliessende generelle Aussage machen, ob es nun rentabler ist, eine Wohnimmobilie zu kaufen oder zu mieten. Viele Eigenheimbesitzer sind geprägt vom Umfeld der vergangenen dreissig Jahren, in denen die Zinsen laufend fielen, während die Liegenschaftspreise kontinuierlich stiegen. Im aktuellen Umfeld mit steigenden Hypothekarzinsen, ist es jedoch alles andere als sicher, dass sich aus finanzieller Sicht Kaufen mehr lohnt als Mieten.

Die Besonderheit des Schweizer Immobilienmarktes

Auf dem Schweizer Immobilienmarkt herrscht allerdings eine Besonderheit: Die stetige Zuwanderung von gegen 100'000 Personen pro Jahr führt in Verbindung mit knappem Bauland (zumindest in den Regionen, wo die Zuwanderung stattfindet) und einer reduzierten Bautätigkeit (als Folge einer zunehmenden Verschärfung der Bauvorschriften) zu fortlaufend sinkenden Leerstandsquoten und einem deutlichen Nachfrageüberhang. Entsprechend steigen die Immobilienpreise trotz höherer Zinskosten hierzulande weiter an, während sie in Ländern mit geringerer Zuwanderung und/oder höherem Angebot in den letzten 2 Jahren grundsätzlich sanken. In Deutschland sind die Immobilienpreise seit Mitte 2022 um ca. 6%, in Schweden, wo vor allem kurzfristige Hypotheken abgeschlossen werden, gar um 15% gesunken. Immobilienpreise können somit nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch sinken (selbst wenn dies in der Schweiz zuletzt vor dreissig Jahren der Fall gewesen sein mag).

Der Mietwohnungsmarkt

Für einen reinen Kostenvergleich zwischen Wohneigentum und Wohnen zur Miete müssen selbstredend natürlich auch die Verhältnisse auf dem Mietwohnungsmarkt betrachtet werden. Die Nachfrage übersteigt grundsätzlich auch hier das vorhandene Angebot. Zwar wurden in den letzten Jahren kräftig neue Mietwohnungseinheiten erstellt, doch mit klar rückläufiger Tendenz und zudem nicht immer in den Regionen mit der höchsten Nachfrage. Nach über zehn Jahren mit steigender Leerstandsquoten bei Mietwohnungen, hat dieser Trend im 2021 gedreht und seither schweizweit auf 2% abgenommen (bei den Eigenheimen liegt die schweizweite Leerstandsquote bereits seit über 20 Jahren ohne grosse Schwankungen um 0.5%). Bislang wirkte sich die Verknappung am Markt für Mietwohnungen noch nicht preistreibend auf die Mietzinsen aus. Sinkt die Leerstandsquote jedoch weiter, wovon angesichts der oben beschriebenen Umstände auszugehen ist, wird sich dies früher oder später jedoch unvermeidlich auch auf die Mietpreise auswirken. Kommt hinzu, dass die steigenden Hypothekar- bzw. Kapitalmarktzinsen auch den Mietwohnungsmarkt beeinflussen. Zum einen verteuern diese den Kapitaleinsatz der Liegenschaftseigentümer, was mit höheren Mieten ausgeglichen werden kann, zum anderen gilt seit 2008 in der Schweiz für Mietzinsanpassungen bei bestehenden Mietverträgen das System des Referenzzinssatzes. Der Referenzzinssatz stützt sich auf den durchschnittlichen Hypothekarzinssatz der Banken und liegt aktuell bei 1.25%. Steigt er um 0.25% an, sind die Vermieter je nach Mietvertragsausgestaltung berechtigt, den Mietzins um 3% zu erhöhen. Sinkt er um 0.25%, so haben dagegen die Mieter den Anspruch auf eine dreiprozentige Mietzinssenkung. Angesichts des aktuellen Anstieges der Hypothekarzinssätze ist davon auszugehen, dass der Referenzzinssatz in den nächsten Monaten erstmals seit seiner Einführung ansteigt und es somit zu Mietzinsanpassungen bei bestehenden Mietverträgen durch die Vermieter kommen wird. Dies hat wiederum einen Einfluss auf die marktüblichen Mieten. Grundsätzlich besteht in der Schweiz auch bei Mietverträgen die allgemein gültige privatrechtliche Vertragsfreiheit. Nicht zuletzt da in der Schweiz die Mehrheit der Bewohner in Mietwohnungen wohnt (über 6%, im Kanton Basel-Stadt sind es sogar über 80%), besteht allerdings ein substantieller gesetzlicher Mieterschutz, der insbesondere auch missbräuchliche Mietzinsen im Grundsatz zu verhindern versucht. Missbräuchlich sind Mietzinsen dann, wenn sich nicht der üblichen Marktmiete entsprechen oder mit ihnen offensichtlich eine übermässige Rendite erwirtschaftet wird. Bleiben die aktuelle Angebotsknappheit und das höhere Zinsniveau bestehen, so ist in nächster Zeit daher eher mit steigenden, als mit sinkenden Mieten zu rechnen.

Detaillierte Betrachtung des Einzelfalles empfohlen

Es lässt sich festhalten, dass sich die Frage, ob bei Wohnimmobilien Kaufen oder Mieten günstiger ist, nicht pauschal beantworten lässt. Vielmehr ist eine detaillierte Betrachtung des Einzelfalles erforderlich.

Bei der Abwägung zwischen Wohneigentum und Wohnen zur Miete sind zudem neben dem reinen Kostenaspekt weitere finanzielle Faktoren zu berücksichtigen. Mit einer Investition in die selbstbewohnte Liegenschaft oder gar ein Ferienheim, ist zum Beispiel immer auch die Anbindung von Kapital verbunden. Im Finanzjargon würde man von einer «illiquiden Anlage» sprechen. Die selbstbewohnte Liegenschaft mag zwar rein theoretisch in absehbarer Zeit verkauft werden können, doch in der Praxis ist dies in der Regel mit erheblichem Aufwand und daher nicht so einfach von heute auf morgen zu bewerkstelligen. Mal ganz abgesehen davon, dass man die selbstbewohnte Liegenschaft im Grundsatz ja auch gar nicht aufgegeben will. Beim Entscheid für eine selbstbewohnte, eigene Liegenschaft ist daher immer auch zu berücksichtigen, dass genügend ungebundenes Kapital vorhanden ist, um nicht zur Unzeit unter Zugzwang zu gelangen und die Liegenschaft Widerwillen verkaufen zu müssen. Gerade im Pensionsalter ist dieser Thematik eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken, da hier die Möglichkeit, das in der Liegenschaft gebundene Kapital mittels einer Hypothek liquide zu machen, unter Umständen beschränkt ist. Eine «Verrentung» der eigenen Immobilie mittels einer sog. «Umkehrhypothek» (Aufnahme einer Hypothek, die nicht auf einmal, sondern über einen gewissen Zeitraum wie eine Rente ausbezahlt wird), ist zwar grundsätzlich möglich, doch ökonomisch nicht interessant und daher nur in Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen.

Latente Grundstückgewinnsteuern

Ein weiterer Aspekt, dem oft nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird, sind latente Grundstückgewinnsteuern. Je länger man eine Liegenschaft im Eigentum hat, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Verkauf Grundstückgewinnsteuern zu bezahlen sind. Die eigene Liegenschaft ist daher unter Umständen nach Abzug allfälliger Hypotheken und unter Berücksichtigung der Grundstückgewinnsteuer gar nicht so viel wert wie angenommen.

Schlussendlich gibt es diverse nicht finanzielle Faktoren, die auf die Wahl zwischen Wohneigentum und Wohnen zur Miete einen Einfluss haben können. Bleiben die Eigentümer bis zu Ihrem Tod in ihrer Liegenschaft, so geht diese ohne anderslautende erbrechtliche Regelung von Gesetzes wegen automatisch auf die Erben zum Gesamteigentum über. Sind sich die Erben nicht einig, was mit der Liegenschaft geschehen soll oder möchten mehrere Erben diese für sich alleine übernehmen, ist der Ärger quasi vorprogrammiert. Nicht zu vergessen ist auch der Fall, in dem die Liegenschaft den wesentlichen Bestandteil einer Erbschaft ausmacht und nicht genügend übriges Vermögen für eine Ausgleichung vorhanden ist, wenn ein Erbe die Liegenschaft alleine übernimmt. Oft ist dies dann nur mit der Aufnahme von Schulden möglich, was nicht unbedingt dem entsprechen muss, was die Verstorbenen sich vorstellten. Zudem wird spätestens im Falle einer Erbschaft das Thema der Grundstückgewinnsteuer aktuell. Übernehmen Erben die Liegenschaft wird die Grundstücksteuer zwar aufgeschoben, bleibt jedoch latent bestehen. Verkaufen die Erben die Liegenschaft später, wird die Grundstückgewinnsteuer daher anhand des ursprünglichen Kaufpreises und nicht anhand des Wertes der Liegenschaft zum Zeitpunkt der Erbschaft berechnet. Wird daran bei der Ausgleichung nicht gedacht, kann dies zu unschönen finanziellen Folgen für diejenige Person führen, welche die Liegenschaft aus dem Nachlass übernimmt.

Beurteilung der individuellen Situation nötig

Sehr oft wird mit zunehmendem Alter der Umzug vom selbstbewohnten Einfamilienhaus in eine Eigentumswohnung in Betracht gezogen. Gerade in diesem Fall stellt sich die Frage, ob es wirklich Sinn macht, sich für Wohneigentum anstelle von Wohnen zur Miete zu entscheiden. Der Entscheidungsspielraum im Falle einer Eigentumswohnung beschränkt sich auf die Gestaltung der Innenräume der eigenen Wohnung. Für alles andere ist die Stockwerkeigentümerversammlung zuständig. Das Eigentum unterliegt beim Stockwerkeigentum also klaren Einschränkungen. Bei Immobilien ist es zudem primär das Land, auf dem diese errichtet sind, welches für den langfristigen Werterhalt bzw. die Wertvermehrung sorgt. Die reinen Gebäude verlieren dagegen zwangsläufig mit zunehmendem Alter an Wert und bedürfen entsprechend laufender Investitionen. Gerade bei Stockwerkeigentum ist der Landanteil im Vergleich zum Gebäudeanteil nur von untergeordneter Bedeutung, so dass der Wertverlust des Gebäudes noch stärker zum Tragen kommt als bei einem freistehenden Einfamilienhaus.

Die Frage, ob man eine Wohnliegenschaft kaufen oder mieten soll, ist alles andere als einfach zu beantworten. Ihre Ansprechperson bei der Trafina Privatbank AG und unsere Immobilienspezialisten stehen Ihnen für die Beurteilung Ihrer individuellen Situation gerne zur Verfügung.

Dominik Nussbaumer, 04. April 2023